KUNSTSAELE BERLIN (D), 16. Januar – 16. April 2016
Der Schatten des Körpers des Kutschers
Der Schatten des Körpers des Kutschers
Der Schatten des Körpers des Kutschers
Wow-Signal (Detail)
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Auszug aus dem Begleitheft zur Ausstellung: “Sky Nude” und “Wow-Signal” von Franz John.
„Wow!“ schrieb zutiefst beeindruckt der Astrophysiker Jerry Ehman im August des Jahres 1977 an den Rand eines Computerprotokolls, nachdem er ganze 72 Sekunden ein in seiner Intensität zuvor und nachher nie wieder aufgefangenes akustisches Signal aus dem All mit seinem Big Ear Teleskop aufgefangen hatte, dessen Ursprung bis heute unerklärlich ist – und deswegen unter der Bezeichnung “Wow!-Signal” spektakulär in die Wissenschaftsgeschichte eingegangen ist.
Der Künstler Franz John geht in seinen Arbeiten oft mit ähnlichen Erfahrungen an den Horizonten der menschlichen Weltwahrnehmung um. In der Ausstellung Natural Affairs stellte er mit Sky Nude und Wow-Signal zwei Werke vor, die diese Kontinuität seiner wissenschaftlich-künstlerischen Neugier auf die Grenze zum Unbekannten demonstrieren. Sie haben einiges gemeinsam, geht es doch bei beiden Beispielen um die Aufzeichnung von Spuren, von Schatten – um Licht und Klang aus der mit Erdrotation und Wahrnehmungswinkel operierenden planetarischen Perspektive der Erde. Basierte das 1992 zum ersten Mal realisierte Projekt Sky Nude auf dem 24 Stunden umfassenden optischen Scannen des Himmels, eine „Erdbelichtung” mithilfe eines der ersten frei erhältlichen Geräte dieser Art, so setzt Franz Johns aktuelle Arbeit Wow-Signal bei der akustischen Ebene der Suche nach außerirdischem Leben an. Er überträgt dieses legendäre Unikat menschlicher Wahrnehmung in eine wiederholbare, auch visuell wahrnehmbare Fassung: Das Wow-Signal von 1977 reproduziert er über eine Farbstoffsolarzelle, die lasertechnisch aus der Struktur dieses Signals besteht und die derzeit avancierteste Solar-Technologie zu einer Energiegewinnung aus dem photosynthetischen Potenzial pflanzlicher Zellen repräsentiert. Die 35 cm x 50 cm große Zelle, die in einem Fenster an der Sonnenseite des Ausstellungsraums angebracht ist, wird durch die Lichteinwirkung aktiviert und spielt das auf einem Chip gespeicherte Signal so auf höchst symbolträchtige Weise in den Ausstellungsraum ein. Denn wenn hier die akustische „Wiederaufführung“ des in enger Zusammenarbeit mit der Berliner Funk-Spezialistin Elektra Wagenrad rekonstruierten Wow-Signals, das mit der Energie aus der Photosynthese der pflanzenbasierten Solarzelle ermöglicht wird, verweist Johns Arbeit damit auf das Ursprungsprinzip alles uns bekannten Lebens auf der Erde. Clemens Krümmel
Beteiligte Künstler und Künstlerinnen: Monika Baer, Michael Dreyer, Katja Eydel, Moritz Fehr, Franz John, Svenja Kreh, Dominique Le Parc, Zilla Leutenegger, Alvin Lucier, Gregory Maass & Nayoungim, Achim Mohné, Karin Sander, Sigune Siévi, Rolf Walz, Xiaopeng Zhou